Start - Leichtathletik - Laufen - Berlin Marathon 2013 / Laufbericht Franz Rudel und Christian Schwab
Mein persönlicher Laufbericht ist ähnlich wie im letzten Jahr sehr durchwachsen. War es im Frühjahr ein Fahrradsturz, der ein Lauftraining für lange Wochen nicht zuließ, kam im Spätsommer nach einem Klettersturz (mit einer heftigen Fußprellung) das Laufen vollständig zum Erliegen. Aber starten wollte ich in Berlin auf jeden Fall. Schließlich war es Start Nr. 10! Und warum sollte es nicht auch diesmal wieder mit minimaler Vorbereitung klappen. Denn auch im letzten Jahr hatte ich
kein gutes Marathontraining und trotzdem einen sehr respektablen Lauf auf meiner Lieblingstrecke. Irgendwie war ich mir sicher, dass ich mich auch diesmal gut über die 42 km Strecke mogeln könnte, hatte ich doch quasi als Laufersatz noch einige harte Mountainbike-Einheiten (Marke: Leesten-Kälberberg) eingestreut. Es konnte also eigentlich nichts schief gehen. Diesmal hatte ich allerdings die Rechnung ohne den Wirt gemacht und die festgeschriebenen Naturgesetzte sollten gnadenlos greifen.
Die Vorbereitungsphase in den letzen Tagen vor dem Lauf gestaltete sich lässig. Deftige fränkische Brotzeiten, dann am Abend vor dem Start zum Locker werden einen Hugo, ein Weizenbier und Nudeln, gut geschlafen, und dann zum Frühstück wie immer Gesundheitskuchen und Puffreis. Es konnte also, wie gesagt, absolut gar nichts mehr schief gehen.
Bei herrlichem Laufwetter war es kein Geringerer als Haile Gebrselassi , der den Startschuss abfeuerte. Ein gutes Omen. Und los ging´s auf die Weltrekordstrecke.
Der Rest ist schnell erzählt. Recht gut lief es bis zur Hälfte der Strecke, wo die Fettverbrennung noch keine entscheidende Rolle spielt. Danach beschlich mich Schritt für Schritt ein größeres Unbehagen. Aufgrund der zunehmenden Muskelschmerzen und des jetzt doch heftig schmerzenden Fußes war ein lockerer Laufstil nicht mehr möglich. Und der Hammermann stand im Schatten vom Wilden Eber schon hämisch grinsend bereit und hatte ein leichtes Spiel mir bei km 26 einen satten Hieb zu verpassen. Die Körner waren verbrannt, der Ofen war aus, komplett. Immer an der Grenze zum Gehen kämpfte und schleppte mich mehr schlecht als recht Richtung Brandenburger Tor. So gequält habe ich mich selten. Die großen Kilometertafeln, die auf der Strecke jeden km markieren, wollten einfach nicht näher kommen. Es zog sich zäh wie ein Kaugummi. Frage nicht welche „Gestalten“ an mir „vorbeigeschwebt“ sind, ä, sorry. Nur die fantastischen Berliner Zuschauer machten mit ihren Anfeuerungsrufen mein Leid etwas erträglicher. Und ich muss es gestehen. Durchs Brandenburger Tor bin ich dann doch gegangen, konnte aber die Schönheit des Bauwerkes schon wieder aufnehmen, denn die Ziellinie war ja nur noch ca. 400 Meter entfernt. Auch diese habe ich schließlich langsam gehend überschritten. Der Doc im Zielraum hat mich gleich zur Seite genommen und gefragt, ob ich Hilfe brauche! Nein, Nein! Mir ging es ja eigentlich super gut, nur muskulär halt komplett abgefackelt, nicht zu beschreiben.
Ich war ja im Ziel angekommen, zum 10. mal, das war schon geil. Jubilee!
Gesamtzeit: 3:27:23 Std. 1. Hälfte: 1:34:58 Std. 2. Hälfte: 1:57:25 Std.
schnellste km Zeit: 4:25 min langsamste km Zeit: 6:35 min
Vom Veranstalter wurde mir ein paar Tage danach mitgeteilt, dass das Rennen von 18 Kameras in HD-Qualität aufgenommen wurde.
Das wäre wirklich nicht nötig gewesen, dachte ich.
Franz Rudel
Der Tag der Wahrheit. Was waren die letzten 10 Wochen Training wert. Angefangen mit dem ersten Lauf nach meiner Leisten-OP, bei dem ich nach über 40min und gerade mal 8km fast völlig KO gegangen bin dann die vielen Aufbauläufe um endlich wieder etwas Routine und Laufgefühl zu bekommen. Sehr lange immer noch mit leichtem Ziehen in der Leiste, was aber laut Arzt unbedenklich sein sollte. Dann die ersten längeren Läufe, die hohen Umfänge und Tempoeinheiten im Urlaub und zum Schluss noch der 10km Testlauf aus dem Training raus. Selten war ich mir so unsicher, was ich mir uns meinen Beinen zumuten kann. Mein ursprüngliches Ziel unter 3:00 habe ich ja dann recht offensiv auf unter 2:50 reduziert. Aber war das wirklich realistisch mit der Vorgeschichte? Heute sollte ich die Antwort bekommen und es war klar, dass es am Ende auf jede Menge Schmerzen rauslief. Aber so ist das nun mal, wenn man beim Marathon ans Limit geht.
Der Tag begann um 5:30 Uhr. Die 3 Messetage hatten mich bis gestern Abend ziemlich geschafft. Heute früh fühlte ich mich aber wieder recht erholt. Auch wenn die Messe mir sicherlich noch irgendwo in den Knochen steckt. Gewohntes Frühstück mit Nutellabrötchen und Banane. Um 6:45 noch ein Eiweisdrink und los gehts Richtung Startbereich. Es ist ziemlich kalt, aber mit Mütze & Handschuhen auszuhalten. Diese gebe ich aber gegen 8:00 ab. Jetzt bin ich richtig am Bibbern. Jetzt noch 2-3km einlaufen, ein paar Steigerungen und rein in den Startblock. Auf meiner Startnummer steht zwar der Block A, aber hier gehöre ich einfach nicht hin, also reihe ich mich dahinter ein. Viele machen es eher umgekehrt...!
Pünktlich um 8:45 startet der Held aller Läufer Haile Gebreselassie den 40. Berlin Marathon. Die ersten Kilometer checke ich noch jeden Kilometer, dann nur noch die 5km Zeiten, später schau ich gar nicht mehr auf die Uhr, will nur mein Tempo laufen, mit den Kräften haushalten. Jede Sekunde die ich am Anfang zu schnell laufe kann ich am Schluss doppelt und dreifach verlieren. Nach 15km merke ich so langsam ein leichtes Ziehen im Oberschenkel. Das ist zu früh und ein Zeichen, dass ich jetzt nicht zu viel riskieren sollte. Halbmarathon in 1:23:15, etwas schneller als geplant, aber es läuft relativ rund. Trotzdem merke ich natürlich, dass mein Tempo nun jeden Kilometer etwas abfällt. Zwischenzeitlich gibt es immer mal wieder kleine "Highs", wie z.B. bei km34, wo ich schon von einem glorreichen Endspurt träume. 1-2km weiter werde ich dann aber auch wieder mit harten Beinen auf den Boden der Realität zurückgeholt. Und immer wieder versucht man die negativen Gedanken zu ignorieren. Alles tut weh, ständig wird man überholt, warum tut man sich das an, bleibt nicht einfach stehen... dann aber wieder die Aussicht auf die tolle Zielgerade, das Gefühl sämtlichen inneren Schweinehunden in den Arsch getreten zu haben, die anderen fertigen aber stolzen Gesichter im Ziel zu sehen. Nein, klein beigeben ist wirklich keine Option. Dann bei 40km wage ich doch mal wieder einen Blick auf die Uhr. 2:41 - rechen...rechen... vielleicht komme ich ja doch noch unter die 2:50? Aber auch die letzten Reserven reichen jetzt nicht aus, um zu beschleunigen. Aber das ist jetzt sowas von egal. Das Ziel ist nahe und das Finish nicht mehr zu nehmen. Zudem habe ich mein Ziel nur knapp verfehlt und das war vor ein paar Wochen noch absolut utopisch. Stolz, große Erschöpfung und Freude dies mal wieder überstanden zu haben strömen in ständigem Wechsel durch meinen Körper. Berlin hat sich heute von seiner besten Seite gezeigt. Strahlender Sonnenschein, noch mehr Zuschauer, Bands, Ramba Zamba, als sonst und nicht zuletzt ein neuer Weltrekord. Und ich bin auf der gleichen Linie gelaufen, wie die besten Marathonläufer der Welt. Ich denke der Schweiss der letzten Wochen hat sich letztendlich wieder gelohnt. Auch wenn ich jetzt gerade gar nicht mehr ans Laufen denken will...
Christian Schwab